Wer hätte gedacht, dass in Zeiten von Fridays for Future die Autokinos wieder öffnen? Corona macht’s möglich, sag ich da nur. An allen Stellen mussten Geschäftsmodelle her, die den Beschränkungen und Restriktionen standhalten, die mit der Pandemie einhergingen – und zum Teil noch gehen. Wenn die „german Angst“ die Corona-Vorsicht triggert, dann sind die Autokinos vielleicht sogar ein Modell für die Zukunft. Sollten die Abstandsregelungen noch über Monate gelten, ist an „normale“ Kinoerlebnisse nicht zu denken. Die Diskussion, was normal ist und was nicht, möchte ich an dieser Stelle gar nicht entfachen. Vielmehr möchten ich einen Blick darauf werfen, wie Dinge in der Geschichte der Menschheit verschwinden und schließlich doch irgendwann wiederkommen.
Nie hätte ich zum Beispiel gedacht, dass der Jogger-Bauchfrei-Style der 90er tatsächlich irgendwann erneut die Mode beeinflusst. Während die Karotten-Jeans Anfang der 2000er ein absolutes No-Go waren, sind sie 15 Jahre später wieder der absolute Trend. Doch auch abseits der Mode kehren beinah vergessene Dinge wieder zurück. Plötzlich gehen die Leute wieder mit dem DDR-Einkaufsnetz in die Supermärkte. Die Wände der Wohnungen werden mit Farbtönen gestrichen oder mit Mustern tapeziert, die um 19000 die Räume schmückten. Der Rechtspopulismus blüht auf, wo man meinte genug aus den Fehlern in der Geschichte gelernt zu haben. Man könnte meinen, die Menschheit dreht sich im Laufe ihrer Existenz immer wieder ein wenig im Kreis, während sie versucht die Erde zu regieren.
Es gibt Momente, da ist Altes einfach alt. Im nächsten Augenblick erkennt jemand das Besondere im Vergangenen und erklärt es zu einem kultigen Etwas in der Gegenwart. Schon stürzen sich die Leute darauf. Auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen nimmt das wieder Fahrt auf, was längst in Vergessenheit geraten war.
So oder so ähnlich ist es mit dem Autokino. Aus einer Notlösung heraus „geboren“, kramt man in der Geschichte. Schnell sprießen sie, wie einst in den amerikanischen 1930er/ 40er Jahren, aus dem Boden. Während Corona das Leben aller beeinflusst, ist das Auto das, was Unabhängigkeit in eingeschränkten Zeiten verspricht. In den Wald fahren, von anderen Menschen Abstand nehmen, durch den McDrive rollen oder eben das Gefährt ins Autokino stellen.
Natürlich musste ich es selbst ausprobieren. Ich wollte mir vorstellen, wie es gewesen sein muss, als sich die Teenager im Nachkriegs- und Grease-Zeitalter mit ihren Wagen vor der Leinwand aufstellten. Gemäß dem Motto „Gemeinsam Einsam“ standen ich und mein Freund mit meinem kleinen Citroën in den Reihen der Unabhängigen. Es war gemütlich, heimelich, abenteuerlich – und kurzzeitig enttäuschend, als ich feststellen musste, dass mein Auto mit abgestelltem Motor schnell in den Stromsparmodus wechselt und damit das Radio keinen Ton mehr von sich gibt. Dann musste ich mich kurz bei der Fridays for Future-Generation entschuldigen und den Zündschlüssel drehen. Es war viel zu nostalgisch, als dass ich auf den Ton hätte verzichten können. Auch wenn ich Dirty Dancing schon gefühlt 100 Mal gesehen habe und jeden zweiten Satz mitsprechen kann, drängte mich der Impuls zum Kult-Erlebnis. Und das war es – auch wenn eine Oldtimer-Doppelsitz für das ultimative Retro-Date gemütlicher gewesen wäre.