Kletterpartie Völkerschlacht- denkmal

Nun bin ich schon fast ein Jahr in Leipzig und kann sagen: Ich bin angekommen. Vor allem in den letzten Monaten habe ich so viel von der Leipziger Vielfalt kennengelernt, dass sich so langsam ein paar Lieblingsorte benennen lassen. Kulturell kommt man hier ohne viel Mühe auf seine Kosten. Vor ein paar Wochen lud ich meinen kleinen Bruder in das Klein-Paris ein. Da er sich sehr gern das Völkerschlachtdenkmal ansehen wollte, nutzte ich die Gelegenheit, um dieses historische Kulturgut auf meiner Liste der gesehenen – oder besser gesagt erlebten – Dinge hinzuzufügen.

Ein Ding der Unmöglichkeit?

Wer das Völkerschlachtdenkmal noch nicht von innen kennt, dem sei gesagt, starke Nerven im Bezug auf enge Treppenhäuser und Höhe mitzubringen. Bisher zählte ich mich zu den Menschen, die damit keine Probleme haben. Dieses Denkmal sollte mich eines besseren belehren. Unterschätzt hatte ich darüber hinaus die Anzahl der Stufen. Ja, ich kann mir vorstellen, dass ich vielen, die sie bereits erklommen haben, ein amüsiertes Lächeln hervorlocke. Es war ein Abenteuer – keine Frage. Dennoch gehört es zu jenen, die ich nicht unbedingt wiederholen muss.

Der untere Teil dieser Gemäuer brachte mich noch zum Staunen. In der ersten Etage wird man von einem sehr gelungenen Film von der Völkerschlacht bis zur Wiedereröffnung 2013 empfangen. Nicht zum ersten Mal war ich sehr überrascht darüber, wie emotional Bilder in Verbindung mit der richtigen Musik wirken können. Beim weiteren Aufstieg durch das – noch breite und sanierte – Treppenhaus mussten wir immer wieder stehenbleiben, um die Dimensionen des Fundaments in Augenschein zu nehmen. Für mich scheint es wie ein Ding der Unmöglichkeit, das Menschenhände diese Tonnen von Beton bewegt haben.

Wahrnehmbarer Stolz

Inmitten der steinernen Krieger in der Krypta hatte ich kaum noch das Gefühl im 21. Jahrhundert zu sein. Fast niemand der Besucher sprach ein Wort, sodass man eingehüllt wurde in eine mystische Stille. Als ich versuchte den Mund aufzumachen, um meinem Bruder etwas zu sagen, blieb mir jedes Wort im Hals stecken – aus Furcht, jeder noch so kleine Ton würde diese Stimmung brechen.

Immer wenn ich mir historische Gebäude, Museen oder ähnliches ansehe, versuche ich mich in die Menschen hineinzuversetzen, die dort gelebt, gewirkt; den Vertrag unterzeichnet oder das Kleidungsstück getragen haben. Doch hier fehlte mir jede Vorstellungskraft über die Vergangenheit.  Spätestens nachdem mir der sächselnde Audioguide die fast zehn Meter hohen Totenwächter als Abbilder der Tugenden des deutschen Volkes erklärte, wusste ich, was hier zu spüren ist: unausgesprochener Nationalstolz.

Linksherum im Kreis

Bis zur Ebene der Totenwächter war für mich noch alles in Ordnung. Doch nun folgte der fiese Aufstieg auf die Kuppel. Ich muss dazu sagen, ich bin in meinem Leben schon viele Türme und Wendeltreppen hinauf und herunter gelaufen, aber noch keine war so lang. Ich hatte irgendwann das Gefühl, mich im Kreis zu drehen. Als kurz vor dem Ziel dann plötzlich der Aufgang noch enger wurde, war ich froh, mich kurz in eine Seiten-Niesche retten zu können. Das erste Mal in meinem Leben bekam ich durch die Enge eine leichte Schnappatmung. Doch, wer hoch hinaus will… Nicht wahr? Also biss ich die Zähne zusammen und kämpfte mich, im wahrsten Sinne des Wortes, in den Himmel. Oben angekommen wurde jede Anstrengung und Überwindung mit weiten Blicken in alle Himmelsrichtungen belohnt. Mein Highlight war jedoch nicht die mir zu Füßen liegende Stadt, sondern ein winziger Hügel in Richtung Westen. Das Wetter war so gut, dass ich den Petersberg sehen konnte – der Fixpunkt meiner Kindheit. Denn immer wenn ich im Urlaub war und auf dem Heimweg diesen Hügel erhaschte, wusste ich, zu Hause zu sein.


Empfehlungen
  • Für 1 Euro bekommt man beim Ticketkauf einen Audioguide, der den Bau des Völkerschlachtdenkmals sowie seine Architektur in einem wunderbar authentischen, sächselnden Dialekt spricht.
  • Unbedingt Wasser einstecken, die Stufen machen es nötig.
  • Im Ticket inbegriffen, ist der Eintritt in das kleine Museum auf der gegenüberliegenden Seite der Kasse. Zu sehen sind hier zahlreiche Relikte der Völkerschlacht. Faszinierend ist zudem die riesige Miniaturdarstellung.

weitere Infos zum Völkerschlachtdenkmals


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