Flashdance im Kinderzimmer

What a feeling – dröhnte es aus dem Röhrenfernseher und ich saß mit glänzenden Augen davor. Wie habe ich diese Tanzfilme als Kind geliebt, die heute schon als retro gelten, aber niemals antiquiert sind. Gemeinsam mit Tony Manero stand ich auf dem bunt leuchtenden Discofußboden, tanzte vor dem Spiegel die Schritte von Baby und Penny nach, schwärmte über Ren McCormack oder wollte sein wie Alex Owens. Immer wieder versuchte ich diese Tanzschritte nachzumachen. Doch meist endete es darin, dass in meinem kleinen Kinderzimmer die Gegenstände aus dem Regal fielen, weil ich zu poltrig durch die Lüfte sprang oder ich stieß mit der Stirn gegen den Kleiderschrank-Spiegel anstatt Johnnys Kopf. Da blieb mir nichts anderes, als zu träumen – oder immer wieder schmachtend vor dem Bildschirm zu hängen.

Als ich vor mehr als einem Jahr nach Leipzig zog, nahm ich mir vor, Dinge anzugehen, die ich mein Leben lang ausprobieren wollte, aber nie die Zeit, den Mut, die Muse, und und und fand. Wenn es darum geht sich aufzurappeln, ist wohl kaum ein Mensch um Ausreden verlegen. Bei mir war es nicht anders. Mein liebstes Argument: Die Arbeit. Die meiste Zeit der Woche befindet man sich genau dort. Zum Feierabend ist man erschöpft, die Nacht sowieso immer viel zu kurz. Man sucht Ruhe – in der Hoffnung, abzuschalten, sich zu erholen oder Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Wenn ich aber eines gelernt habe zu verstehen, dann dass genau dies viel zu oft die falsche Herangehensweise ist. Noch immer bemühe ich mich darum, den Arbeitsalltag nicht mein Leben bestimmen zu lassen, sondern das zu tun, was jeder von uns tagtäglich tun sollte: Eben leben – und das in vollen Zügen!

Also nahm ich vor einigen Monaten eine Art Bucket-List in Angriff. Bekannt aus Geschichten um Menschen, die vermutlich als bald das Zeitliche segnen, sehe ich diese Bündelung von Träumen eher als Lebenselexier. Eine Wunschliste, die jeden Arbeitsalltag vergessen lässt. Was dort drauf steht? Derzeit sind es 22 bunt gemischte Anstriche. Der ein oder andere wird hier sicher irgendwann noch auftauchen. Doch der erste, dem ich mich schließlich gewidmet habe, heißt: Tanzen wie die Helden meiner Kindheit. Oder einfach ausgedrückt: Jazzdance lernen.

Gesagt, getan, begab ich mich auf die Suche nach einem Tanzstudio, in dem ich mich wohlfühle und zugleich das Gefühl bekomme, ein bisschen von meinen Kindheitsträumen zu leben. Und da bin ich nun, gehe einmal die Woche ins Baileo und bewege mich mehr wie ein abgestochener Schwan als eine Primaballerina vor dem Spiegel. Was in den Filmen mit so viel Leichtigkeit verbunden ist, wird zu harter Arbeit. Jeden Montag fühle ich mich eher wie die Maniac-Alex als die Hebefigur-Baby. Doch trotzdem bleibt nach jeder Stunde das unbeschreibliche Gefühl von Zufriedenhet gemischt mit einer Prise Glück – und dem Wissen, dass Muskelmieze übersetzt Knackpo heißt. Wie ich meine, eine Mischung, die keine Couch zustande bringt.


Infokasten

Der Jazzdance-Kurs im Baileo findet immer Montags von 20.00 bis 21.00 Uhr statt. Kosten: Ein Kurs (60 Minuten) pro Woche sind 37 Euro (ermäßigt 30 Euro) monatlich. (Stand 26.09.17)

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  1. Wunderbar, dass du deine Wünsche angehst und umsetzt 🙂

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