Die Zeit dreht sich im Kreis

Wie muss es gewesen sein, als noch niemand die Stunden zählte – als die Tage noch keine Tage waren und die Jahre als ein Leben gezählt wurden? Ein Tag beginnt mit der Sonne und geht gemeinsam mit ihr zur Neige. Das dazwischen wird einfach gelebt – ohne Hast, ohne Termine – ein einziges Hier und Jetzt?

Eine Abfolge von Ereignissen, unumkehrbare Richtung, eindeutig – so definiert sich die physikalische Größe der Zeit. Das worin wir uns gerade befinden, nennt man Gegenwart. Jeder von uns fährt auf einem unbremsbaren Band in Richtung „Zukunft“. Ein Augenblick nach dem anderen tickt fortschreitend.

Als Kind haben wir uns darüber gefreut, wollten unbedingt erwachsen werden. Ist aber der Punkt erreicht, an dem man merkt wie die Zeit fliegt, schleicht sich an manchen Stellen die Angst ein. Bewusst leben, jeden Tag genießen, als wäre es dein letzter – sind die Stichworte, die einem sofort in den Kopf kommen. Doch ist das in einer Zeit von heute so einfach? Mindestens 40 Stunden in der Woche verbringen wir bei der Arbeit, meist sogar mehr. Wann schafft man es da bewusst Zeit für sich finden? Und schon sind sie da, die unangenehmen Wörter. Wann? Zeit? Ohne einen Terminkalender funktioniert in unserer Gesellschaft eigentlich nichts mehr. Meeting, Arzttermine, Familientreffen, Abende mit Freunden. Oft sind es auch „schöne“ Termine – keine Frage. Aber das Ticken sitzt immer wieder im Nacken, auch wenn wir es vielleicht für kleine Momente schaffen die wandernde Sonne zu vergessen – es bleibt.
Ich frage mich manchmal wie man die Zeit reflektiert, wenn man alt und grau ist. Lebt man jeden Tag ein Stück mehr in den Erinnerungen und den Jahren die vergangen sind? Lebt man bewusst das, was hinter einem liegt? Sieht man sein Leben als ein unmessbares Geflecht an Jahren? Irgendwann, wenn wir jede Minute der Erinnerung als kostbarste Einheit betrachten wird uns bewusst, dass nicht die Zeit ist, was zählt, sondern das, was wir tun. Die täglichen Dinge die wir erleben, wahrnehmen und reflektieren, lassen den Zeiger auf der Uhr für Augenblicke am Tag stillstehen und beweisen uns, dass die Zeit wirklich nur eine physikalische Größe ist: messbar und gradlinig, aber keineswegs unser Leben bestimmend.

 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s