Tagestour Isle of Skye

Es grünt so grün – aber keineswegs nur dann, wenn Spaniens Blüten blühen. Es war vielleicht ein Glücksfall oder einfach das unfassbar wandelbare Inselwetter, dass sich die Isle of Skye bei meinem Besuch von ihrer besten Seite zeigte. Während auf dem „schottischen Festland“ noch am Morgen der Himmel mit triefenden Wolken verhangen war, grüßte die Sonne spätestens dann durch Wolken, als ich vor der Überfahrt zu einem letzten Foto hielt. Als einzige Insel ist die Isle of Skye über eine Brücke erreichbar, die in einer bestimmten Perspektive beinah viel zu stark gebogen aussieht. Während der Skyeboat-Song aus den Lautsprechern dröhnte, manövrierte ich den Mietwagen im Linksverkehr über die geschwungenen Straßen. Schnell war ich absolut gefesselt von dieser atemberaubenden Landschaft. Durch das strahlende Sonnenlicht schien jeder einzelne Grashalm in seinem kräftigsten Grün zu leuchten. Dabei war mittlerweile September und die Flora schon dabei das Herbstkleid anzuziehen.

Old man of Storr – eine Nadel im Paradies

Bereits aus mehreren Kilometern Entfernung sieht man am Horizont die Felsformation aufragen. Über die Küstenstraße bewegt man sich direkt darauf zu. Auf der ganzen Strecke sind immer wieder Haltebuchten am Straßenrand, die dazu einladen den Motor abzustellen und einfach zu staunen. Da der Plan allerdings darin bestand, an einem Tag um die Insel zu fahren, war es irgendwann von Nöten, die Anzahl der Stopps etwas einzuschränken. Ein besonders schöner Haltepunkt ergab sich schließlich auf der nördlichen Seite der Felsnadel. Mehrere Meter über dem Meeresspiegel pfiff hier zwar der Wind ordentlich durch die Haare – die ich an dem Tag zum Glück zusammengebunden trug – doch der Blick auf das weite glitzernde Meer mit der kleinen Nachbarinsel Raasay und die warme Spätsommer-Sonne im Gesicht ließen das kühle Prickeln auf der Haut vergessen. Beim nächsten Mal würde ich hier definitiv mehr Zeit einplanen und eine Wandertour durch das Quairing-Massiv machen.

Ein Dudelsack zwischen Wind und Wasserfall

Der nächste Halt unweit des Old man of Storr sollte der Kilt Rock sein, einer roten Steilküste, die Falten wie ein Kilt wirft. Vielleicht lag es an der Windrichtung oder dem weiter nördlich gelegenen Standort: Der Wind wirkte langsam etwas wütend. Der herabstürzende Wasserfall war faszinierend, doch viel faszinierender fand ich den hart gesottenen Schotten, der am Aussichtspunkt für die Touris ganz durchhaltend ein paar Lieder auf dem Dudelsack zum besten gab. Als ich nach bereits  zehn Minuten mit meinen kalten Fingern kaum noch den Auslöser meiner Kamera betätigen konnte – und auch gar nicht mehr wollte, denn die Sonne verschwand immer wieder hinter Wolken und machte das perfekte Motiv zu einem Frustakt – bekam ich nicht nur Mitleid mit mir selbst, sondern vor allem mit ihm. Während ich bis zur Fußspitze eingepackt war wie ein Kleinkind beim Schlittenfahren, stand er eisern in seinem Piper Outfit inmitten der Nordsee-Brise. Ich war richtig erleichtert, als er sich in sein Auto zur Schnittchenpause zurückzog und fragte mich, wie lange er jeden Tag hier draußen stand. Da gleichzeitig mit mir mehrere Kleinbus-Reisegruppen hier halt machten, zog es mich nach recht kurzer Zeit auch schon wieder weiter. Also fuhr ich die geschwungene Straße weiter gen Nord.

Zwischen Schafen

An der nördlichen Spitze der Insel befindet sich das Duntulm Castle oder besser gesagt das, was davon noch übrig ist. Im 14. Jahrhundert erbaut, bietet die heutige Ruine ein romantisches Bild inmitten dieser saftig grünen Wiesen. Unweit von dem Hügel, auf dem das Castle steht, konnte ich das Auto in einer großen Haltebucht abstellen und quer über die Weidewiese der unzähligen Schafe stiefeln. Die Kapuze der Wetterjacke zog ich mir samt Mütze weit über die Ohren, denn der Wind riss auch hier nicht ab. Balancierend zwischen Unmengen von Schafsköddeln – die vermutlich als natürlicher Dünger zu diesem beinah unnatürlichen Grün der Landschaft beitragen – lies ich mir die Meeresbrise um die Nase wehen, genoss die Sonne und den weiten Blick zum Horizont. Wer typische schottische Schaf-Fotomotive einfangen möchte hat hier die beste Gelegenheit.

Vom Winde verweht

Als letzte Station der Isle of Skye Tour hatte ich den Neist Point auserkoren. Der Leuchtturm, der auf dieser kleinen Halbinsel steht, markiert den westlichsten Punkt der Insel und ist den Stürmen der Nordsee völlig ausgeliefert. Bereits beim Abstellen des Wagens, spürte ich, wie die Tonnen von Metall bei jedem Windzug schwankten. Das Aussteigen wurde zu einem Kraftakt. Mit jedem Windstoß wurde die Tür kräftezehrend zurück gedrückt. Trotz des mittlerweile nachlassenden Tageslichtes entschied ich mich dazu die Sonnenbrille auf der Nase zu belassen, da ich sonst die Augen nicht mehr aufbekommen hätte, als sich der exponentiell wachsende Hauch von Luft in meinen Wimpern verfing. Zart und miniaturhaft vermischte sich das Weiß des Leuchtturms mit dem Grau des Meeres am Horizont. Dennoch wirkte der Weg nicht sonderlich weit. Doch wie immer musste ich mich eines besseren belehren lassen. Bis zum Lighthouse braucht man gut eine halbe Stunde, führt der Weg schließlich zunächst die Steilküste hinab, um auf der anderen Seite der Talrinne wieder hinauf zu führen. Während rechts und links die Schafe genüsslich grasten und wie festgemeiselt den starken Wind ignorierten, stemmte ich mich mit aller Kraft dagegen, um nicht immer wieder vom Weg geschubst zu werden. Ich hatte bis dato tatsächlich noch nie, wirklich noch nie in meinem Leben ein solch kraftvolles Windspektakel erlebt. Auf dem Rückweg war ich dankbar dafür, da das letzte Stück einem achtzig Grad Anstieg glich. Völlig erschöpft lies ich mich danach auf meinen Fahrersitz fallen und wäre auf dem Rückweg beinah in eine Kuh gefahren, die beschlossen hatte direkt vor mir auf der Straße aufzutauchen und keinen Schritt mehr zu weichen. Statt dem beinah selbst erlegten Steaks entschied ich mich dann aber für Meeresfrüchte zum Abendessen.

(Flashback #September ´16)


Tipp am Rande
  • Wer auf die Isle of Skye fährt oder von der Insel auf das „Festland“ zurückkommt, sollte die Gelegenheit nutzen, einen Abstecher nach Applecross zu machen. Das kleine Küstenörtchen ist circa eine Stunde von Kyle of Lochalsh entfernt. Der Weg dorthin lohnt sich auf jeden Fall, da man über schmale, kurvenreiche Straßen durch die beeindruckende Hügellandschaft der Westküste fährt. Im Ort selbst gibt es ein kleines Pub und die Möglichkeit tolle Muscheln zu sammeln.

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