Es sollte mein erster Urlaub nach dem Abi werden. Vor mir lag ein 10-tägiger Trip an drei wundervolle Orte.
Zu zweit, Mädels unter sich, starteten wir von Berlin nach Amsterdam. Nach einer schlaflosen Nacht bibberten wir in dunkler Nacht am Flughafen und landeten im spätersommerlichen und verregneten Amsterdam. Nach dem Abstellen des Gepäcks im Hostel ging es durch die recht leeren Straßen auf die Suche nach einem ordentlichen Frühstück. Doch entweder waren wir im falschen Viertel gelandet oder einfach verflucht. Denn morgens um neun schien noch nichts offen zu haben. Verzweifelt versuchten wir irgendwo Rühreier zu finden und landeten mit einem fetttriefenden Veggiburger – wie soll es anders sein – bei McDonalds. Der Regen und die Übermüdung taten ihr Übriges zum Erreichen der Frustrationsgrenzen. Aber hey, es konnte nur besser werden.
Gegrillte Kippen und geplatzte Fische
Im Laufe der nächsten Tage zeigte sich die holländische Metropole dann tatsächlich von ihrer besten Seite. Zeitweise dachte ich zwar nicht, je wieder heil nach Hause zu kommen. War ich doch ständig damit beschäftigt an den Straßen und Wegen zur Seite zu hechten, um nicht zwischen die Zweiräder zu geraten. Dennoch ist Amsterdam dafür gemacht, zu Fuß erkundet zu werden. Mit etwas Sonne über den Köpfen macht es, abgesehen vom Adrenalinkick im ungewohnten Fahrradverkehr, echt Spaß. Es ist ein kulturelles Erlebnis, an den vielen schmalen Häuschen vorbei zu flanieren und sich zu fragen, wie die Leute ihre Mögel da reingetragen bekommen. Kulturell wird es aber auch an vielen anderen Stellen. So war ich zum Beispiel fasziniert von den vielen Märkten, die in dieser Stadt überall und immer wieder stattfinden. In den drei Tagen dort nahmen wir einen Flohmarkt mit, bestaunten Millionen von Tulpenzwiebeln oder kauften gegrillte Kippen auf einem Straßenmarkt. Ja, letzteres hat sich in mein Hirn eingebrannt. Niederländisch klingt nicht nur sauniedlich, sondern ruft lustige Verwirrungen hervor. Denn was wir hier für Zigaretten halten, sind in Holland riesige Brathähnchen. Irgendwann merkte ich auch, dass an so ziemlich jedem Schaufenster Worte klebten, die an „Hier gehen Fische platzen“ erinnerten. Eigentlich war es aber immer wieder der Hinweis, Fahrräder hier nicht abzustellen.
Mein absolutes Highlight in Amsterdam war der späte Nachmittag, den wir auf dem Dach des Nemo Science Centers verbrachten. Über den Dächern der Stadt kann man hier oben einen Kaffee im Liegestuhl genießen und sich dabei die Sonne auf den Pelz scheinen lassen.
Brügge sehen und sterben
Nachdem uns Holland für den weiteren Urlaub erst richtig wachgerüttelt hatte, ging es mit dem Zug weiter nach Brügge. Jeder der davon hörte, dass dies eines unserer Ziele sei, zitierte den berühmten Film. Uns war schnell klar, dass wir den letzten Satzteil einfach ignorieren. Sterben wollten wir allerdings dann doch kruzfristig, da unsere Unterkunft eine kleine Farce war. Keiner von uns beiden hatte bei der Buchung darauf geachtet, ob es eine nutzbare Küche gibt. So saßen wir nun da, in einer Jugendherberge á la Klassenfahrt und kauten jeden morgen das pappige Toast mit Blasswurst wieder. Aber hey, wir waren in Brügge und wir wollten es einfach sehen und schließlich entpuppte sich die Altstadt als ein architektonischer Genuss. Nur leider musste ich mich einer neuen Verkehrs-Herausforderung stellen: Nein, es waren diesmal nicht die Fahrräder, Kutschen können viel gefährlicher sein. Tänzelte ich nun nicht mehr zwischen Zweirädern, kamen mir das ein oder andere mal die lieben Pferdchen und ihre Äpfel ins Gehege. Schon als kleines Kind ein Hans-guck-in-die-Luft, stellte mich vor allem letzteres auf eine harte Probe. Meine Rettung waren die kleinen Fußwege, durch die ich meine Nase an den unendlichen Schokoladenschaufenstern plattdrücken konnte. Dadruch wiederum stand schnell fest, dass wir im belgischen Pralinenparadies unbedingt eine Manufaktur besichtigen mussten. Mit einem andauernden Kakaogeruch in der Nase nahmen wir an einer Führung in der Choco Story teil. Das Beste: Am Ende der Führung konnte man zuschauen, wie belgische Meeresfrüchte hergestellt werden und probieren.
Von Mexikanern und Füßen in der Nordsee
Wenn wir es in Amsterdam nicht gewagt haben, zu radeln, wollten wir zumindest einmal über das entspannte belgische Flachland strampeln. Das Ziel: Zeebrügge an der Nordseeküste – und: das erste mal in meinem Leben die Füße in die Nordsee stellen. Gesagt, getan, schwangen wir uns auf den Drahtesel und verlebten ganze fünfzehn entspannte Minuten. Denn dann begann der Fahrradsattel mit jedem Tritt weiter nach unten zu rutschen. Unsere Versuche, ihn an Ort zu stelle zu behalten, scheiterten. Also fuhr ich wie Gulliver auf einem Kinderfahrrad am Boudeijnkanaal entlang. Meine Erleichterung, als wir etwas abseits der Hotel-Betonklötze am Strand ankamen: unbeschreiblich. Trotz eisiger Wassertemperaturen war es mir schließlich ein Fest, die Füße in die Gischt zu halten.
Am letzten Abend unseres Brügge-Erlebnisses saßen wir mit schmerzenden Popos und einer Jumbopackung Pralinen auf dem Balkon der Jugendherberge, der sich über die gesamte Häuserfront erstreckte. Da bemerkten wir, dass ein paar Zimmer weiter eine Clique Mexikaner anzukommen schien. Mit der Tequila-Flasche in der Hand prosteten sie uns zu. Schnell kam man ins Gespräch. Ich hätte niemals gedacht, ausgerechnet in Brügge feiern zu gehen. Doch mit Einbruch der Dunkelheit stiefelten wir in die Altstadt und landeten in dem wohl kleinsten Club, den ich bis dato kennengelernt hatte: Club 13.
Lieblingsstadt Paris
Nach zu wenig Schlaf saßen wir am nächsten Tag schließlich mit verknorkelten Gesichtern im Zug nach Brüssel. Hier wartete das wohl bequemste Transportmittel der Welt auf uns. Die fett gepolsterten roten Sitze des Thalys waren vor allem nach dem letzten Tag ein Hochgenuss. Nach knapp zwei Stunden begrüßte uns Paris mit hochsommerlichen Temperaturen. Ich war bereits zum zweiten Mal hier und was soll ich sagen, ich liebe diese Stadt. Das Hostel am Fuße des Montmatre war ein Glücksgriff (für Pariser Verhältnisse) und die Sonne strahlte. Es war ein wunderbarer Start und es folgten drei weitere großartige Tage. Paradoxerweise fuhren wir nicht einmal mit der Metro und legten so zu Fuß dutzende Kilomter zurück. Meine Schuhe konnte ich im Anschluss an den Urlaub im wahrsten Sinne des Wortes in die Tonne kloppen. Aber zurückblickend war genau dies das Schöne an dem Aufenthalt inmitten der Einflüsse von Napoleon, Toulouse Lautrec oder Victor Hugo. Wir schlemmten Crêpes auf den Stufen der Sacre Coeur, picknickten im Jardin de la Nouvell France, lagen zwischen den Hecken des Jardin de Tuileries oder ließen Herzchenluftballons zwischen die verliebten Pärchen am Eiffelturm fliegen.
Tipps am Rande
Amsterdam
- Brathähnchen packen die Niederländer zusammen mit super viel Bratensud – und eventuell auch Pommes – in die Papiertüte. Wer das nicht möchte: Schnell darauf hinweisen.
- Außerhalb der Schulferien und einiger Feiertage darf man kostenlos auf die Dachterrasse des Nemo Science Centers.
Brügge
- Die Tickets in der Choco Story können direkt vor Ort erworben werden. Gemeinsam mit anderen Besuchern wird man dann als Gruppe durch die Geschichte der Schokolade geführt.
- Von Brügge aus kann man zahlreiche Fahrradtouren in die umliegenden Regionen unternehmen. Eigentlich jeder Fahrradverleih hat ein paar Tipps parat.
- Belgien ist ein Land der Biere – Wer einen Überblick zu den über 300 Sorten bekommen möchte, sollte sich unbedingt die Bierwand in der Wollestraat 53 anschauen.
Paris
- Ein Spaziergang im Montmatre: Paris genießen – Montmatre
- Tour Notre Dame und Jardin des Luxemburg