Leipzig genießen: Lieblingsorte

Hätte man mich vor fünfzehn Jahren gefragt, wo ich mich mit Ende zwanzig sehe, hätte ich vermutlich von Kind und Kegel in einem gemütlichen Dörfchen gesprochen. Ein Stadtleben war für mich damals undenkbar, zu abschreckend der Gedanke vor dem Lärm, den vielen Menschen und der fehlenden landschaftlichen Freiheit.

Dann irgendwann lernte ich Carrie Bradshaw kennen. Und mein Gott war das genial, wie diese Frau die Stadt unsicher machte. Zusammen mit ihren Mädels Cosmopolitan schlürfte, shoppen ging, beim brunchen saß und einfach das Leben genoss. Mit Carrie vor Augen versuchte ich mir vorzustellen, wie sich ein Leben in der Stadt anfühlen könnte. Heute weiß ich es ein bisschen besser, mach es nicht wirklich wie sie, finde es aber dennoch klasse.

Seit genau einem Jahr, fünf Monaten und fünf Tagen wohne ich nun in Leipzsch. Es mag nicht lange sein und dennoch bringt einen die Stadt dazu sie zu erleben und zu lieben. Sie zwingt einen das Haus zu verlassen, weil so viele Entdeckungen darauf warten gefunden zu werden. Mittlerweile habe ich zahlreiche Orte für mich entdeckt, um das Leben zu genießen. Denn abseits der Ruhe auf dem Land, habe ich schnell gemerkt, welche Vorzüge es hat spontan essen zu gehen, kulturell unterwegs zu sein oder einfach mit einem Coffee to go durch den Park zu spazieren und Menschen zu beobachten.

Ein Aufgebot zum Schlemmen

In meinem Beitrag zu Eat the world in Leipzig habe ich bereits von ein paar tollen Lokalen geschrieben. Doch die Stadt hat – wie mag es auch anders sein – noch viel viel mehr zu bieten. Wenn der Gaumen nach Fernweh schreit, habe ich Schwierigkeiten dem entgegen zu wirken. So trieb es mich bisher in das gemütlich, spanische Ambiente des Barcelona, wo ich zwischen Wein, Tapas und Fliesen von der warmen Sonne der iberischen Halbinsel träumte. Mit Freunden verbrachte ich einen Abend in Vietnam und genoss das großartige Essen des An Nam`s. Mein Liebling für die Flucht aus dem Alltag und hinein in einen Kurzurlaub ist jedoch das La Provence. Schon immer hatte ich eine Schwäche für die französische Esskultur – das lange, ausgiebige Essen am Abend ohne Hast und mit viel Raum für Gespräche. In dem kleinen Restaurant im Zentrum der Altstadt ist man für ein paar Stunden ganz weit weg.  Und wenn mich jemand fragt, wo man in Leipzig toll brunchen kann, ohne sich am Buffet um das letzte Rührei zu streiten, sage ich ganz klar: Telegraph. A la carte gibt es hier leckere Frühstücks-Variationen von französisch bis vital. Mit dem schweren roten Vorhang am Eingang und den nah beieinander stehenden Zweiertischen, sitzt man in einem Pariser Lokal der Neuzeit.

Little Ireland und Cocktails deluxe

Mit einem Nicken zum Bartender den Gin-Tonic – natürlich mit Gurke – bestellen oder das Ale auf den alten Holztisch vor sich stellen, sind für mich Momente, die früher wie kleine Seifenblasen wirkten. Als man es gar nicht abwarten konnte groß zu werden und mit den Salzstangen die rauchenden Erwachsenen nachmachte. Viele wünschen sich für ihre Kinder, dass sie nicht so schnell erwachsen werden, ihre unbeschwingte Zeit ohne Sorgen genießen. Doch eigentlich ist das Leben Jahre später auch nicht so schlecht. Plötzlich erwischt man sich dabei, wie man in einer Bar sitzt und wie selbstverständlich einen London Buck bestellt. Auch für diese Art von Gaumengenuss ist die Auswahl in Leipzig schier endlos. Eine elegante und individuelle Cocktailausbeute bietet das Imperii. Altes Kneipenambiente mit exzellenter Auswahl in original assbach uralten Gläsern – und übrigens auch grandioser Whisky-Karte – ist in der Rorschach-Bar zu finden. Da ich persönlich einen Hang zu rustikalen Pubs habe, verliebte ich mich – wie soll es anders sein – auf den ersten Blick in Noel`s Ballroom: Holzvertäfelung, flache Räume, dunstige Luft und pure Gemütlichkeit.

Ruhe im Lärm

Mittlerweile ist es für mich alltäglich normal geworden, dass um mich herum ein Trubel der Betriebsamkeit herrscht. Dass ich mich einst vor fehlender Privatsphäre in der Stadt gefürchtet habe, ist in weite Ferne gerückt. Denn eigentlich ist man nirgends anonymer, als zwischen tausenden von Menschen. Ja, manchmal vermisse ich den Kaffee-Besuch der Nachbarn, das Illern am Fenster und das tratschen der Dorfdamen, wie ich es aus meiner Kindheit kannte. In der Stadt bekommt man davon nichts mit. Immer dann, wenn ich in meine Wohnung zurückkehre, die Tür hinter mir schließe, dann sperre ich den Lärm, den Verkehr und die Menschen aus. Dann verschwinde ich in meiner Ruheoase. Falls es mir in den Fingern juckt und der Kopf nach Vogelgezwitscher, knisternden Bäumen im Wind und absoluter Einsamkeit lechzt, bleibt mir immer noch der Ausweg an den Rand Leipzigs. Hier blüht eine grüne Seenlandschaft in alle Himmelsrichtungen. Während der Cosspudener See oder die Schladitzer Bucht Anlaufstelle aller ist, habe ich meine Zuflucht am Werbeliner See gefunden.

 

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